LEUTE IN DER STADT: Hannelore Fäßler-Kern kann an diesem Donnerstag 90. Geburtstag feiern / Tägliche Arbeit ist ihr Lebenselixier.
OFFENBURG. Ihrem Ziel, 100 Jahre alt zu werden, ist Hannelore Fäßler-Kern mit dem heutigen Tag, an dem sie ihren 90. Geburtstag feiern kann, einen Schritt näher gekommen. 71 Berufsjahre liegen hinter ihr, zählt sie auf, und sie würde in den kommenden Jahren – "falls mir Gott die Kraft gibt" – gerne so weiterleben wie bisher: das heißt täglich im Büro sein.
Dann wäre der 100. Geburtstag der "imponierende Abschluss eines im Großen und Ganzen guten Lebens", in dem Erinnerungen einen hohen Stellenwert haben und ein Festhalten an Tradition bedeuten. Jeden Morgen verlässt die Geschäftsfrau pünktlich ihr Haus in der Oststadt und fährt mit ihrem markanten Auto zuerst zur Bank und dann ins Büro, das sich auf dem von Großvater Georg Fäßler 1895 erworbenen Gelände der Ziegelwerke Hofweier befindet. Stolz weist sie daraufhin, dass ihr Auto im nächsten Jahr den Oldtimer-Status erhalten wird. Vom Gedanken, sich ein neues anzuschaffen, wurde ihr vom wohlmeinenden Kfz-Mechaniker abgeraten mit dem Hinweis, die neue Technik darin wäre für sie zu unübersichtlich. Das erzählt die Jubilarin schmunzelnd, sie hat Humor und kann auch über sich selbst lachen. Beim Rechnen verlässt sie sich lieber auf ihren Kopf als auf einen Computer, die Buchführung läuft bei ihr immer noch über die Journale. Die Seniorin hat ein enormes Zahlengedächtnis, gibt jedes Datum exakt mit Tag, Monat und Jahr an. Sie legt Wert auf gute Kleidung. Bevor der Fotograf die Kamera zückt, greift sie schnell zum Kamm. Ja, sie ist immer noch da und hebt sich von ihrer Haarfarbe ab: die eigenwillige graue Haarsträhne, die in jungen Jahren erschien und zu ihrem Merkmal wurde.
Der Weg zur Arbeit führt über die zum Firmengelände gehörende Privatstraße, die Nikolaus-Fäßler-Straße, benannt nach ihrem Vater. Seine drei Töchter kamen im Wohnhaus, in dem heute die Büroräume untergebracht sind, zur Welt. Einen Sohn hätte er sich schon gewünscht. Seine jüngste Tochter Hannelore bewies ihm allerdings bald, dass auch Frauen einen Betrieb leiten können. Nach dem Besuch der Klosterschule erwarb sie in einer Privatschule in Calw das kaufmännische Diplom, wurde 1975 zur Geschäftsführerin ernannt und leitete die Firma. Ihre Erinnerungen in den Alltag einbauen, ist für die Neunzigjährige wichtig. So hat sie der einzigen Halle, die vom verheerenden Brand des Ziegelwerks im Jahr 1978 verschont blieb, den Namen ihres Ehemannes, Carl Kern, gegeben, ergänzt durch das Datum, an dem sie sich kennen lernten: 28. Oktober 1945. "Es war Liebe auf den ersten Blick" erzählt sie mit einem wehmütigen Lächeln; am 7. Juni 1947 fand die Hochzeit statt. Carl Kern stammte aus der Offenburger Seifendynastie. Zwei Söhne und zwei Töchter kamen zur Welt. Viel Kraft brauchte die gläubige Christin, als ein Sohn im Alter von 24 Jahren tödlich verunglückte und auch als 1986 ihr Ehemann viel zu früh starb. Auch neben der Kindererziehung hatte Hannelore Fäßler-Kern in der Firma ihres Mannes mitgearbeitet und war nach dessen Tod deshalb in der Lage, beide Firmen – die Ziegelwerke Fäßler und die Schwarzwaldwerke Carl Kern – zu leiten.
Die Ziegelwerke wurden nach dem Brand still gelegt – trotz ihres kämpferischen Einsatzes für einen Wiederaufbau. Der Schornstein blieb stehen – mit viel Sachverstand erläutert die Geschäftsfrau das Bemühen, ihn zu erhalten. Letztlich musste das weithin sichtbare Relikt einer vergangenen Zeit doch abgebrochen werden. Mutig machte Hannelore Fäßler-Kern einen Neuanfang mit den Geschäftsfeldern Vermietung und Verpachtung. Auch die Schwarzwaldwerke stellten die Seifenproduktion ein und verlegten sich auf den Handel. Inzwischen liegt die Verantwortung bei ihrem Sohn Carl – "und ich bin Prokuristin ohne Bezahlung" ergänzt sie fröhlich.
Am Ende der Arbeitswoche besucht sie die Abendmesse
Ganz stolz ist die vierfache Oma und zehnfache Uroma auf ihre Nachkommen: "Alles tüchtige Leute." Seit 1977 ist die Offenburgerin Mitglied im Soroptimist International Club und war drei Jahre lang dessen Präsidentin.
Am Ende einer arbeitsreichen Woche besucht Hannelore Fäßler-Kern die Abendmesse in der Klosterkirche und dankt für jeden Tag, den ihr Gott schenkt. Aus dieser Verbundenheit heraus wünscht sie sich statt Geschenke zum Geburtstag einen Beitrag für den Bau eines barrierefreien Zugangs zur Klosterkirche. Sie selbst beteiligt sich mit einer Spende. Den Geburtstag feiert die Neunzigjährige mit ihrer Familie und dem Freundeskreis.
AutorIn: Rosel Kesel
Sie ist eine Geschäftsfrau vom alten Schlag, der Werte sehr wichtig sind: Am heutigen Donnerstag feiert Hannelore Fäßler-Kern ihren 90. Geburtstag – und wenn alles so läuft wie geplant, wird sie auch in zehn Jahren noch jeden Tag am Schreibtisch sitzen.
Ihr Motto »Was du ererbst von deinen Vätern, das erhalte und vermehre du« und die Bilder ihrer Mutter, ihres Ehemannes und ihres Vaters hängen hinter dem Schreibtisch von Hannelore Fäßler-Kern.
Hannelore Fäßler wurde am 21. Juli 1926 als Jüngste von drei Töchtern in dem Haus geboren, in dem heute noch ihr Arbeitsplatz steht. Und dieses Haus kann in mehrfacher Hinsicht als Symbol für die Verpflichtung gelten, die die Jubilarin als Motto ihres Lebens wählte: »Was du ererbst von deinen Vätern, das erhalte und vermehre du«, steht frei nach Goethe an der Wand hinter ihrem Schreibtisch.
Das Haus liegt an der Nikolaus-Fäßler-Straße, die nach dem Großvater von Hannelore Fäßler-Kern benannt ist – und es ist aus den Ziegelsteinen erreichtet, welche das Ziegelwerk Fäßler bis 1978 herstellte, als ein Brand die Produktion zerstörte. »Sie sind doch durch ihren Mann gut versorgt«, wunderte sich ein Verwaltungsrichter, der über die entsprechende Genehmigung zu befinden hatte, warum die Geschäftsführerin so vehement für den Wiederaufbau kämpfte. Auch diesem erwiderte sie, dass das von Großvater und Vater erarbeitete Gut um keinen Preis in ihrer Ägide untergehen dürfe.
Das Einstehen für die Firma zieht sich wie ein roter Faden durch die Lebensgeschichte der Jubilarin, die kurz nach dem Krieg in Calw als einzige Frau weit und breit das Diplom als Kaufmann (erst viel später bürgerte sich der Begriff Kauffrau ein) gemacht hatte.
»Bester Mann der Welt«
Als Hannelore Fäßler nämlich am 7. Juni 1947 »den besten Mann der Welt«, den Seifenfabrikanten Carl Kern, heiratete, war die Firma von den Franzosen beschlagnahmt. Sie könne sich zur Hochzeit etwas wünschen, versprach der Militärgouverneur, der wohl in der Nachkriegszeit kostbare Konsumgüter im Sinn hatte. Da kannte er die junge Hannelore aber schlecht: »Geben Sie meinem Vater seine Arbeiter zurück, die im Ihlenfeld eingesperrt sind!«, war ihr Wunsch. Versprochen war versprochen: Noch im Brautkleid tippte Hannelore Fäßler-Kern die Liste – und zwei Tage später waren die Arbeiter frei und konnten die Produktion wieder aufnehmen.
Sie sei »auch im einundsiebzigsten Berufsjahr ein glücklicher und zufriedener Mensch«, lacht Hannelore Fäßler-Kern, die überzeugt ist, dass im Leben viel von Willen und Leistungsbereitschaft abhängt: »Wenn man die Arbeit nicht liebt und sich nicht hineinkniet, dann wird man nicht erfolgreich.« Bange machen gilt für sie nicht: »Es gibt überall mal Regenwetter, aber man muss durchhalten!« So hielt sie es auch, als nach gewonnenem jahrelangem Kampf um den Wiederaufbau die Kunden weg waren und die Firma auf Vermietung umsattelte. Diese betreibt sie seit fast 40 Jahren erfolgreich – und hat auch hier nicht vergessen, zu »mehren« und weitere Objekte dazu zu nehmen.
»Nicht, bevor ich 100 bin«
Vier Kinder wurden Hannelore und Carl Kern geboren. Inzwischen hat sie drei Enkelinnen und einen Enkel – und sieben Urenkelinnen und drei Urenkel. Dass ihr geliebter Mann im Jahr 1977 starb, war der schwerste Schlag für Hannelore Fäßler-Kern. Er war es, der sie, den nahen Tod ahnend, drängte, bei den nur ein Jahr zuvor gegründeten Soroptimistinnen einzutreten. »Ich sollte auch am Wochenende keine Zeit zum Grübeln haben.«
Unter der Woche hält die Arbeit die Jubilarin auf Trab, und zwar bis heute. »Es geht halt mit 90 nicht mehr so schnell, da muss ich eben ein bisschen länger bleiben«, ist ihre humorvolle Begründung für Arbeitstage zwischen acht und zehn Stunden.
Und bei aller Energie kann sie sich doch theoretisch vorstellen, aufzuhören: »Aber nicht, bevor ich 100 bin!«
AutorIn: Regina Heilig
Seit 40 Jahren gibt es in Offenburg den Club Soroptimist International / Empfang im Rathaus.
OFFENBURG. Als Service-Organisation berufstätiger Frauen bezeichnet sich der Club Soroptimist International auf seiner Homepage selbst. 1921 in den USA gegründet, ist er heute in großen Teilen der Erde vertreten – seit 40 Jahren auch in Offenburg. Zu diesem Anlass empfing Oberbürgermeisterin Edith Schreiner Mitgliedes Clubs am Samstag im Rathaus. Auch aus der französischen Stadt Saint-Dié war eine Delegation zu Besuch. Als der Offenburger Soroptimist-Club am 30. Mai 1976 gegründet wurde, war er der 31. Club der Union.
In ihrer Rede blickt Schreiner auf die Situation der Frauen in den Anfängen des Clubs zurück: Gerade war es ihnen erlaubt worden, Hosen zu tragen und ohne die Erlaubnis ihres Ehemannes arbeiten zu gehen. Seitdem wurde viel erreicht – zu tun gebe es aber immer noch genug.
So setzt sich der Club in Deutschland heute beispielsweise für eine gleichmäßige Bezahlung zwischen Frauen und Männern ein, ein Bereich, in dem noch keine Gerechtigkeit herrscht. Auch weiterhin der Appell der Oberbürgermeisterin: "Mischen Sie sich auch weiter öffentlich ein und reden Sie mit!" Schließlich zeigten gleich mehrere aktuelle Vorfälle, dass Gewalt gegen Frauen noch immer ein großes Thema sei.
Die Projekte, die die Soroptimistinnen verfolgen, haben Einfluss auf ganz unterschiedliche Bereiche des sozialen Lebens. So bieten die engagierten Frauen beispielsweise seit einiger Zeit ein kulturübergreifendes Kochen mit Immigranten an oder veranstalten das Sprachcafé. Dort können Frauen ganz nebenbei soziale Kontakte entstehen lassen, während sie der deutschen Sprache näher kommen.
Doch auch Kinder können von den Projekten der Soroptimistinnen profitieren: Kinderkunstperspektiven heißt das neue Projekt, das Kinder aus benachteiligten Milieus an die Kunst heranführen soll. "Aus dem sozialen Leben Offenburgs ist der Club nicht mehr wegzudenken", findet Edith Schreiner deshalb und bedankt sich auch für eine gute Zusammenarbeit.
Für den Samstag hatten die Soroptimistinnen außer des Empfangs im Rathaus auch einen Besuch der neu eröffneten Offenburger Mikwe sowie ein Mittagessen im Gasthaus Zauberflöte geplant. Die Feierlichkeiten endeten dann bei Kaffee und Kuchen im Ritterhausmuseum.
Autor(in): Judith Reinbold
Seit 40 Jahren gibt es in Offenburg den Soroptimist Club. Am Samstag wurde aus diesem Grund mit vielen Gästen gefeiert. Dabei erinnerte OB Edith Schreiner daran, was sich in all der Zeit verändert hat – und zwar zum Guten.
»Als 31. Club der deutschen Union der Soroptimistinnen wurde der Offenburger Club am 31. Mai 1976 gegründet«, erinnerte Präsidentin Christel Steurer am Samstag bei der Eröffnung der Feierstunde im Historischen Rathaus. Sie begrüßte Clubschwestern aus vielen Clubs, darunter eine große Abordnung aus dem französischen Saint-Dié, für die Barbara Bullwinkel übersetzte. »Und dann natürlich unser Männer«, strahlte die Präsidentin. Diese durften an diesem Ehrentag nicht fehlen.
»Ich begrüße Sie gern hier im Rathaus«, begann Oberbürgermeisterin Edith Schreiner ihre Ansprache. »Vierzig Jahre Soroptimist International hier in Offenburg, das ist ein Grund zur Freude und ein Anlass zum Feiern!« Der Offenburger Club habe »die Ziele der Soroptimistinnen vorbildlich auf den Weg gebracht«, die »eine weltweite Stimme für die Belange der Frauen« seien. Im Soroptimist Club haben sich berufstätige Frauen organisiert, deren Projekte aus dem sozialen Leben der Stadt nicht mehr wegzudenken seien. Exemplarisch nannte die Oberbürgermeisterin das »Rucksack-Projekt« und das »Sprachcafé«, das ausländischen Mitbürgerinnen »im lockeren Kreis den Spracherwerb, aber auch soziale Kontakte« ermögliche.
Neu ist das Projekt »Kinder – Kunst – Perspektiven«, das Kinder aus benachteiligten Milieus den Zugang zur Kunst ermöglichen soll. Auch Kontakte über den Rhein werden gepflegt, so mit dem Gemeinschaftsprojekt »Elle passe«. Beim Kochen mit Migrantinnen unter dem Namen »Über den Tellerrand kochen« werden kulturelle Grenzen überwunden.
Edith Schreiner warf einen Blick ins gar nicht so lange zurückliegende Jahr 1976: Erstmals konnten Frauen ohne Erlaubnis des Ehemannes arbeiten. Viel Erstaunen auf Seiten der französischen Gäste erweckte die Übersetzung der nur in Deutschland bekannten Begriffe aus dieser Zeit »Rabenmutter« und »Schlüsselkinder«, mit denen die Frauen an den Herd zurück gescheucht werden sollten.
»Noch immer wichtig«
»Ihr Engagement ist auch heute noch wichtig«, mahnte Edith Schreiner mit Blick auf diese nicht allzu ferne Vergangenheit. Auch der damals gepflegte Grundsatz »Tue Gutes, aber rede nicht darüber«, sei heute dem offenen Wort gewichen. »Es ist wichtig, dass Frauen die Stimme erheben, und nicht nur Gutes tun«, so Schreiner.
Den Festvortrag am Nachmittag hielt die Kunsthistorikerin Natalie Gutgesell über die Malerin Alexandra von Berckholtz, die Tochter des Erneuerers des Ortenberger Schlosses. Im 19. Jahrhundert gehörte sie, deren Name heute fast nicht mehr bekannt ist, zu den wichtigsten Porträtmalerinnen in Deutschland.
Autor(in): Regina Heilig
Unter dem Motto »Kinder – Kunst – Perspektiven« hat er Soroptimist Club Ortenau bereits zum sechsten Mal zehn Viertklässlern ein Semester an der Kunstschule Offenburg finanziert. Nun ist die Ausstellung zu dem Projekt zu sehen.
»Kinder – Kunst – Perspektiven«: Unter diesem Motto steht eine Ausstellung in den Räumen der Offenburger Kunstschule, welche die Werke von Letischa, Müslumcan, Sidra, Daniel, Nimue, Olivia, Lea, Susanna, Regina und Donika zeigt. Alle zehn Schülerinnen und Schüler besuchen die vierte Klasse, entweder in der Astrid-Lindgren- oder in der Konrad-Adenauer-Schule.
Weg soll geebnet werden
»Jedes Kind hat Perspektiven«, griff Kunstschulleiter Heinrich Bröckelmann die doppelte Bedeutung des Wortes auf. Oft fehle es aber an Zeit oder auch Geld, um bei der Beschäftigung mit der Perspektive in der Kunst auch Perspektiven fürs Leben zu gewinnen. Hier helfen die Soroptimistinnen aus der Ortenau seit sechs Jahren mit Ressourcen aus: Ein Semester lang wird zehn Kindern das Kunststudium quer durch alle Fachrichtungen finanziert, und sogar der Weg zu dieser Erfahrung im wahrsten Sinne des Wortes »geebnet«, denn ein »Taxi« bringt die Viertklässler direkt vor Ort.
»Ich finde es toll, dass Ihr sechs Monate lang jede Woche hier hergekommen seid«, lobte Past-Präsidentin Barbara Bullwinkel. »Wir sind, wie schon der Name sagt, Optimistinnen. Wir wollen, dass in der Zukunft tolle Sachen entstehen«, begründete sie in einfachen Worten, was die Soroptimistinnen zu diesen Projekt bewogen hat.
Sie sei vor kurzem im Urlaub in einem Museum gewesen, wo sie »Tierskulpturen, Frauenköpfe und tanzende Leute« bewundert habe, also genau solche Objekte, wie sie auch die zehn jungen Künstlerinnen und Künstler unter der Anleitung ihrer Dozentinnen geschaffen haben. »Stellt euch vor, einer von euch schafft es in ein Museum!«
Die Projektleiterin an der Kunstschule, Almut von Koenen, dankte den Dozentinnen Ruth Birkenfeld (Malen und Zeichnen), Cornelia Koch-Schrimpf (Gestalten mit Gips) und Lucia Roser (Gestalten mit Ton), die ihre jungen Eleven in einem »Rundumschlag durch die Kunst« mit den verschiedensten Techniken und Materialien bekannt gemacht hatten.
Lehrerin Ute Proß (Astrid-Lindgren-Schule) freute sich: »Ich kann nur Danke sagen. Ich bin froh, dass unsere Kinder diese Chance haben.« Auch ihre Kollegin Simone Krippel von der Konrad-Adenauer-Schule bestätigte: »Wir kamen das vierte Mal in den Genuss dieses Programms. Und ich wähle das Wort mit Absicht – für unsere Kinder war es ein Genuss.«
Am meisten freuten sich die zehn jungen Künstlerinnen und Künstler natürlich, dass sie ihre Werke dem allerwichtigsten Publikum der Welt vorführen konnten: Eltern, Geschwistern, Verwandten und Freunden.
Autor(in): Regina Heilig
Ein internationales Team um die Kunststudentin Eva Weingart organisiert ein Winter-Willkommensfest für Flüchtlinge / 300 Gäste.
Unterhaltung für 300 Flüchtlinge auf der Bühne von St. Martin.
OFFENBURG. Nachbarn und Fremde zugleich – so ist das Verhältnis zwischen den meisten Offenburgern und den Geflüchteten, die in einer der vier Unterkünften der Stadt, direkt um die Ecke wohnen. Gerade um den Jahreswechsel, wenn sich der Großteil der Deutschen in geschlossener Familie trifft, scheint die Abgrenzung besonders präsent. Dies möchte die Stuttgarter Kunststudentin, Eva Weingart, die schon länger an einem dokumentarischen Film zum Thema "Asyl" arbeitet, ändern. Es entstand die Idee, ein Fest für Flüchtlinge und Offenburger zu gestalten – eine Plattform für den Austausch.
Daraufhin gründet die Künstlerin im vergangenen Dezember ein internationales Team aus weiteren sieben jungen Menschen zwischen 21 und 30 Jahren, die sich für solch ein Vorhaben begeistern und auf unterschiedlichen Wegen mit Offenburg verbunden sind. Dabei sind: Laura Picciolo und Sofia Sailer, frische Absolventinnen des Studiengangs "Medien und Informationswesen" sowie die Doktoranden Satya Gopisetty, Mayukh Bhattacharyya und Sai Manoj Marepalli aus den Bereichen Energietechnik, Elektrotechnik und der Informatik, von der Hochschule Offenburg. Anna Popp, Studentin der Sozialen Arbeit an der FH Würzburg und Max Weingart, Auszubildender bei der Schreinerei Steffen Stefan, ebenfalls in Offenburg. Die Idee eines "Winter Welcome Fests" war schnell fixiert, die schwierigste Herausforderung stellte sich dem Team bei der Gestaltung des Events.
Nach der ersten Besprechung stand fest: es soll internationales Essen und Trinken geben, ein Musik- und Spielprogramm und vor allem ein friedliches Miteinander aller Gäste. Plötzlich ging alles ganz schnell. Dank Diakon Oliver Fingerhut, der den Gemeinderaum der St. Martin Kirche für die Festlichkeiten zur Verfügung stellte, konnten die von den Designern im Team gestalteten Plakate und rund 500 Flyer in Druck gehen.
Wunsch nach Kontakt und Austausch
Die Stadt Offenburg deckte einen Großteil der Kosten für das Essen, der Soroptimist International Club sponsorte die Getränke und die Jugendberufshilfe Ortenau bot einen Transportservice für solche Familien an, die einen weiten Anfahrtsweg zum Fest hatten. Durch viele Besuche in den Flüchtlingsunterkünften und mit Hilfe der Sozialarbeitern vor Ort, wurde das Fest fleißig umworben.
Riesige Portionen an Tomatensuppe, Reis und indischen Currys, Bulgursalate, Pizzabrötchen und Kuchen wurden zubereitet.
Man wartete voller Nervosität auf das Fest. Zur Überraschung aller Beteiligten, war der Saal bereits zehn Minuten nach Eröffnung doppelt so voll wie erwartet: Etwa 300 Gäste hatten sich eingefunden. Nach einer kurzen feierlichen Begrüßungsrede auf Englisch, bei der es um Frieden ging und darum, dass dies nur durch den Abbau von Ängsten gegenüber dem Fremden und viel Verständnis für das Andere möglich sei, gab es Beiträge von dem Geigenspieler Daniel Ibrahimovic, der auch beim Neujahrsempfang in Offenburg am Sonntag als Solist auftrat sowie von dem Art of Living Center Oppenau.
Dem Hinweis, dass in Anbetracht der unerwarteten Besuchermenge das Essen an den Tisch gebracht würde, wurde nicht besonders viel Beachtung geschenkt. Schön war aber, dass sich viele zum Helfen beim Ausgabe der Speisen anboten. Das Essen war heißbegehrt und innerhalb von einer Stunde verzehrt. Felix Teichmann, Lukas Hattenbach und Elias Errerd, die des öfteren in der Studentenbar Kakadu auftreten, sorgten mit DJ-Equipment für gute Stimmung. Es wurde zusammen getanzt, gelacht und gefeiert – und das Ganze ohne Alkohol. Es entstanden erste Bekanntschaften, es gab Gespräche über Fluchtgeschichten und Kulturen, Nummern wurden ausgetauscht. Es war ein Abend voller Emotionen, Spaß, Trauer, Neid und Freundschaft.
Eines war dem ganzen Team nach dem Fest klar: Jeder Flüchtling ist anders, es gibt nicht "den Flüchtling", genauso wenig, wie es "den Deutschen" gibt. Doch was sie fast alle verbindet, ist der Wunsch nach Kontakt, Aufmerksamkeit und Austausch. Bedingung dafür ist die Einbindung in die deutsche Gesellschaft und insbesondere der Zugang zur Bildung für alle Ankömmlinge. "Die große Herausforderung der Integration steht uns bevor und muss aktiv angepackt werden", so Eva Weingart.
Ein solches Event eigenverantwortlich zu organisieren, verlange zwar ganz schön viel ab. Allerdings sei dem Team "durch die deutlich spürbaren Defizite und die noch fehlende Struktur in der Flüchtlingspolitik bewusst, wie wichtig es ist, genau dort weiterzumachen."
Autor(in): BZ Redaktion